Berufsschule Brugg Klasse H4a Abgabe 16. März 1998

Fichenaffäre

Verfasser: Thomas Kuster, Lagerstrasse 19, 5432 Neuenhof Lehrer:

Sorry keine optimale Konvertierung, Fussnoten fehlen (sende e-mail falls benötigt)

Inhaltsverzeichnis

* Einleitung

* Beginn

* Aufdeckung

* Auswirkungen

* Elisabeth Kopp

* Funktionsweise der Bupo

* Schlusswort

* Begriffe

* Bibliographie

 

Einleitung

Dieser Arbeit liegt mein persönliches Interesse zu Grunde mehr über die Fichenaffäre zu erfahren, da diese Affäre bis heute Auswirkungen auf die schweizerische Politik hat und ich mich an dieser aktiv beteilige.
Gegenüber dem Thema bin ich voreingenommen, da ich gegen das Sammeln und Archivieren von Daten über Personen bin, abgesehen von solchen, die unentbehrlich sind.
Als erstes interessiert mich, wie es zur Fichenaffäre kam. Wann wurde mit dem Anlegen von Fichen begonnen, weshalb und durch wenn wurde es veranlasst. Wann und warum wurde der Öffentlichkeit bekannt gegeben, das Fichen existieren und in welchem Umfang?
Wie ging es nach der Aufdeckung der Affäre weiter? Wie wurde die Affäre in der Politik verarbeitet, gibt es Auswirkungen bis heute? In welcher Form wurde der Staatsschutz geändert?
Am Schluss möchte ich einen kurzen Blick auf die Gegenwart werfen und meine persönliche Meinung zum Thema Staatsschutz schreiben.

Nach dem Begutachten der Literatur zum diesem Thema musste ich feststellen, dass das gefundene Material sehr einseitig ist, alle kritisieren denn Staatsschutz massiv. Ich habe die Literatur anhand von den Berichten der Parlamentarischen Untersuchungs-kommissionen (PUK) auf ihre Glaubhaftigkeit hin untersucht. Dabei kam ich zum Ergebnis, dass die in der Literatur dargestellten Tatsachen teilweise auch in den PUK-Berichten enthalten sind. Ich gehe davon aus, dass PUK-Berichte die Wahrheit enthalten, obwohl auch diese selber auf Ungenauigkeiten hinweisen: "Auch wenn die Untersuchungen nicht nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen konnten und sich die PUK weitgehend auf Informationen aus der Bundesanwaltschaft und ausgewählten Stichproben beschränken musste (...)".

 

Beginn

1856 hielt der damalige Bundesanwalt sein Amt für nicht mit seinem Berufsetho vereinbar, da er für seine faktische Untätigkeit ein Jahresgehalt von 4'300 Franken erhielt. Der Bundesanwalt wäre für die Untersuchung von Ereignissen, welche die Ordnung und innere Sicherheit des Landes stören, zuständig gewesen. In der revidierten Bundesverfassung von 1874 wurde deshalb diese Stelle weggelassen.
Am 26. Februar 1885 fasste der Bundesrat, auf Grund eines anonymen Drohbriefes, den Entschluss einen ausserordentlichen Generalanwalt zu bestellen, um die Hintergründe zu klären. Der Verfasser war schnell gefunden, trotzdem wurden die Untersuchungen nicht eingestellt.
Da die Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts ein Asylland für, zum Teil recht radikale, Verfolgte war, gab es auch viele ausländische Spione, welche sich mit diesen Leuten beschäftigten. Der Fürst Otto von Bismarck, Kanzler des Deutschen Reiches, nutzte diese Situation auch aus. Seine Informanten hatten die Aufgabe die Stärke der Solzialdemokratie auszuspähen und bei illegalen Aktionen selbst Hand an zulegen, um der Schweizer Regierung die Gefährlichkeit der Solzialdemokratie zu zeigen und sie so indirekt zu härterem Durchgreifen aufzufordern. Dies führte zu einer eifrigen Polizeitätigkeit, welche die angebliche Gefahr die vom Anarchismus und Sozialismus aus kam, zu bändigen versuchte.
Am 11. Mai 1888 wies der Bundesrat die Kantone an, ihre Aufmerksamkeit auf die öffentlichen und geheimen Versammlungen, sowie auf die Zeitungen und Publikationen, in welchen Fragen unserer sozialen Organisation und der politischen oder sozialen Organisation anderer Staaten behandelt und diskutiert werden, zu richten. Ohne weitere Einladung sei hierüber regelmässig dem Justizdepartement Bericht zu erstatten. Damit die Kantone diesen Auftrag auch ausführen konnten, bewilligte das Parlament einen Nachtragskredit für die bessere Organisation der politischen Polizei, welcher dann für die Bezahlung der Spitzel benötigt wurde. Trotz der Aufdeckung dieser Tatsache wurde die Polizeitätigkeit weiter ausgebaut und der erste Kanzleisekretär für die Fremdenpolizei wurde gewählt.
Am 21. April 1889 wurde ein deutscher Agent von der Schweizer Polizei inhaftiert, der deutsche Gesandte forderte die sofortige Freilassung des Deutschen. Der Bundesrat beschloss jedoch, den Agenten des Landes zu verweisen.
Bismarck, der mit seinem Sozialistengesetz nie die Aktivität der Emigranten unterbinden konnte, sei auf Grund der Untätigkeit der Schweiz förmlich dazu gezwungen einen eigenen Informationsdienst in der Eidgenossenschaft zu besitzen. Da die Schweizer Regierung ihm nicht entgegenkam, drohte er eine wirtschaftliche Blockade und die Kontrolle des gesamten Grenzverkehrs an. Die Drohungen des Deutschen Reiches führten schlussendlich zur Wiedereinsetzung eines Generalanwaltes. Die Opposition, Sozialdemokraten und radikal-Freisinnige, brachten kein Referendum zustande.
Die Bundesanwaltschaft erlangte bald einen Sonderstatus und der Chef des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beklagte sich, dass er gar nicht mehr wisse was in politisch polizeilichen Angelegenheiten, die ihn immer interessiert hätten, eigentlich vor sich gehe.
1984 wurde auch die rein publizistische Anstiftung zu Verbrechen unter Strafe gestellt. Ein neues Gesetz macht zudem sämtliche Teilnehmer (auch Drucker, Setzer...), an Aufrufen in der Absicht, Schrecken zu verbreiten oder die allgemeine Sicherheit zu erschüttern, strafbar.
Die Polizei überwachte drauf hin Ausländer und Schweizer, Anarchisten wie Gewerkschafter, aber auch irrtümlicherweise in einen Rapport geratene Bürger. Kurz vor der erstmaligen Feier des Tags der Arbeit am 1. Mai 1890 verlangte der Bundesanwalt zudem sämtliche Veranstaltungen zu überwachen.
Das Betätigungsfeld der Bundesanwaltschaft wurde immer grösser, ohne dass sich irgend ein Politiker der Regierung dafür interessiert hätte oder geschweige denn etwas dagegen unternommen hätte.

 

 

Aufdeckung

Am 16. Mai 1988 treffen sich die Parlamentarier der Geschäftsprüfungskommision (GPK) mit der Bundespolizei (Bupo). Sie erfahren dabei, dass 900'000 Fichen existieren. Der stutzig gewordene Nationalrat Moritz Leuenberger geht daraufhin bei der Bupo an der Taubenstrasse 16 in Bern vorbei. Der Bundesanwalt zeigt ihm einige präparierte Fichen und sagt ihm, dass sich die 900'000 Fichen auf Ereignisse beziehen und nicht auf Personen.
Im Januar 1989 ärgert sich der FDP-Nationalrat Massimo Pini über einen Bupo-Beamten, der ihn über eine Reise in den Ostblock befragte. Der "Blick" deckt kurz darauf anhand von ihm zugespielten Fichen die systematische Bespitzelung von Ostblocktouristen auf. Trotz diesen Ereignissen, kommt es zu keiner Kritik in der Öffentlichkeit.
Der Fichenskandal kommt durch den PUK-Bericht zustand, welcher die Amtsgeheimnisverletzung von Bundesrätin Elisabeth Kopp untersucht (siehe Kapitel Elisabeth Kopp).
Im Herbst 1989 begeben sich sämtliche Mitglieder der PUK zur Bupo in Bern. Während dem Kurzvortrag eines Bupo-Beamten öffnet Paul Günter (LdU) einen Aktenschrank und entnimmt ihm seine eigene Fiche. Er äussert sein Entsetzen über den Eintrag, worauf die Parlamentarier ihre eigenen Fichen suchen. Die PUK-Mitglieder sind bestürzt über die gesammelten Belanglosigkeiten.
Wieso kamen die PUK-Mitglieder auf die Idee bei der Bupo nach Fichen zu suchen? Eines ist klar: ohne das Vorwissen aus der GPK und der daher rührenden geringen Einschränkung des Auftrages an die PUK, wäre es nur zu einer allgemeinen Frage an das Amt gekommen.
Am Freitag, 24. November 1989 wird der PUK-Bericht der Presse präsentiert. Sie erfährt, dass die Bupo 900'000 Personen, Organisationen und Ereignisse bespitzelt hat. Jeder zwanzigste Schweizer und jeder dritte Ausländer sei erfasst. Politiker sind schockiert, ebenso die Presse. Die Linken und Grünen fordern die sofortige Abschaffung der politischen Polizei, während die Bürgerlichen vor allem organisatorische Änderungen fordern.
Täglich treffen etwa 2'000 Einsichtsgesuche bei der Bupo ein, vier Monate später sind es bereits 300'000. Der Widerstand gegen die Bupo wächst, ein neu gegründetes Komitee "Schluss mit dem Schnüffelstaat" lanciert eine Volksinitiative für die sofortige Abschaffung der politischen Polizei und organisiert eine Demonstration, an welcher 30'000 Staatsschutzgegner teilnehmen.
Die Parlamentarier dürfen als erste Einsicht in ihre Fichen nehmen, dabei stösst die SP-Nationalrätin Menga Danuser auf den tiefsinnigen Eintrag, dass sie "abends gerne ein Bier trinkt" und Hansjörg Braunschweig (SP) stellt fest, dass er schon mit sechzehn Jahren fichiert wurde.
Durch den Versand der zum Teil abgedeckten Fichen, kommt es zu einer weiteren Entdeckung. SP-Nationalrat Rudolf H. Strahm entdeckt auf seiner Fiche ein Querverweis auf eine EMD-Kartei, der schlussendlich einer der Auslöser für die PUK EMD war.
Bundesrat Koller, zuständig für das EMD, gibt im Februar 1990 die Existenz von Geheimkarteien im EMD zu. Die PUK EMD kommt sogar zur Erkenntnis, dass die Bupo und die Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr (UNA) zusammenarbeiteten. "Zwischen der Abteilung Nachrichtendienst und der Bundespolizei fand ein gegenseitiger Informationsaustausch statt (...)". "(...) Die Bundespolizei bearbeitet Nachrichten über die innere Sicherheit der Schweiz und nicht-militärische Bedrohungen im In- und Ausland. Wenn auch die Abgrenzung nicht immer eindeutig ist, so muss doch festgehalten werden, dass sich die Abteilung Nachrichtendienste nicht um die politischen Verhältnisse im Inland zu kümmern hat."

 

Auswirkungen

Moritz Leuenberger war der grosse Sieger der Fichenaffäre, er wurde auf Grund der Lorbeeren, die er durch das PUK-Präsidium erntete, in den Zürcher Regierungsrat gewählt. Im Bundeshaus wurde er auch schon als zukünftiger Bundesrat gehandelt, in welchen er am 27. September 1995 gewählt wurde. Als nationale Moralinstanz bekam er auch immer wieder Hinweise auf andere skandalöse Vorgänge, zum Beispiel im Fall Raphael Huber (grösster Bestechungsskandal der Schweiz).
Elisabeth Kopp, die Bundesrätin vom EJPD, welchem die Bundesanwaltschaft untersteht, wurde auf Grund ihrer eigener Affäre zum Rücktritt gezwungen (siehe Kapitel Elisabeth Kopp).
Bundesanwalt Rudolf Gerber, der als einziger noch als Sündenbock in Frage gekommen wäre, wurde schon auf Grund der Kopp-Affäre in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Bundesrat Koller wurde durch sein ungeschicktes und zögerndes Verhalten selbst zum Skandalierten.
Es gab also kein gründliches Reinemachen nach der Aufdeckung der Affäre. Dies ist wohl auch der Grund warum bis heute viele der Ansicht sind, in der Bundesanwaltschaft und in der UNA wurde nie richtig ausgemistet.
Die Bupo welche Jahrzehnte lang alles Linke bespitzelte, wusste nun nicht mehr so recht wer jetzt ihr Feind ist.
Obwohl der Bundesrat am 19. Januar 1990 "Richtlinien für Meldungen im Bereiche des Staatsschutzes" herausgab, in welchen klar steht, dass "die Teilnahme an rechtmässig durchgeführten Veranstaltungen und Kundgebungen" nicht mehr zu melden sind, wurden im Herbst 1991 Golfkriegsgegner, die an Demonstration teilnahmen, bespitzelt.
Die vom Komitee "Schluss mit dem Schnüffelstaat", am 14. Oktober 1991, eingereichte Volksinitiative "S. o. S. Schweiz ohne Schnüffelpolizei", wurde bis heute noch nicht dem Volk vorgelegt. Der Bundesrat lehnte die Volksinitiative ohne direkten Grund ab. In der Sommersession 1995 lehnte der Ständerat die Volksinitiative ebenfalls ab, bei gleichzeitiger Annahme des indirekten Gegenvorschlags des Bundesrates (Staatsschutzgesetz). Der Nationalrat lehnte in der Sommersession 1996 die Volksinitiative ebenfalls ab, beim Gegenvorschlag gibt es jedoch Differenz zwischen National- und Ständerat im Bereich der Telefonabhörung. Darum geht die Vorlage wieder an den Ständerat zurück, welcher sie in der Herbstsession 1996 wiederum an den Nationalrat überweist, in welchem sie in der Wintersession 1996 behandelt wird. Obwohl die parlamentarische Beratung, wegen den immer noch bestehenden Differenzen noch nicht abgeschlossen ist, wird schon das Referendum gegen das Staatsschutzgesetz angekündigt.
Am 8. April 1997 wird vom Komitee "Schluss mit dem Schnüffelstaat" das Referendum gegen das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit ergriffen, welche am 7. Juli eingereicht wird. Die Zählung ergab 49'922 eingereichte Unterschriften, weil die Abweichung weniger als 5% beträgt, haben Bundesrat und Bundeskanzlei eine neue Prüfung und Zählung beschlossen.
Das knappe Ergebnis zeigt auch, wie schwach die Kräfte sind, die sich noch aktiv für eine Abschaffung der politischen Polizei einsetzen. Ob die Kräfte für eine Abstimmungskampagne für die S. o. S - Initiative ausreichen, wird sich zeigen.

 

Elisabeth Kopp

Am 2. Oktober 1984 wird von der Vereinigten Bundesversammlung die erste Bundesrätin der Schweiz, Anna Elisabeth Kopp-Iklé gewählt und zur Vorsteherin des EJPD vereidigt.
Jacques-André Kaeslin, ein Drogenfahnder der Bundesanwaltschaft, glaubt, dass die Devisenhandelsfirma Shakarchi Trading AG in eine Geldwäschereiaffäre verwickelt ist. Hans W. Kopp, der Ehemann von Elisabeth Kopp, ist der Verwaltungsratsvizepräident in dieser Firma.
Kaeslin stellt, am 15. September 1988, dem Bundesanwalt Rudolf Gerber den Antrag ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Dies lehnt Gerber jedoch ab und meldet auch der Bundesrätin Kopp nichts von den brisanten Geschäftsbeziehungen ihres Gatten. Am 17. Oktober bespricht Kaeslin seine Vermutungen mit Renate Schwob, der Leiterin des Dienstes für Verfahrensrecht im Bundesamt für Justiz. Schwob informiert eine Woche später Katharina Schoop, die persönliche Mitarbeiterin von Elisabeth Kopp, welche am 27. Oktober Bundesrätin Kopp orientiert. Elisabeth Kopp gibt ihrem Gatten die Informationen mit einem Telefonat weiter, in dem sie ihm zudem empfiehlt, sich an Schoop zu wenden. Hans W. Kopp ruft daraufhin Schoop an, um sie um weitere Details zu bitten. Daraufhin tritt Hans W. Kopp aus dem Verwaltungsrat der Shakarchi Trading AG aus.
Am 4. November meldet der "Tages-Anzeiger", dass die Tessiner Untersuchungsbehörden einem grossen Fall von Geldwäscherei auf die Spur gekommen seien. Darin sei auch die Shakarchi Trading AG verwickelt. Am 8. und 9. November fragen die "Weltwoche" und Radio "DRS" beim EJPD nach, ob es nicht ein Tip aus dem Departement an Hans W. Kopp gegeben habe.
Bundesanwalt Gerber orientiert am 11. Dezember Bundesrat Arnold Koller über die straf-, disziplinar- und verfahrensrechtlichen Aspekte der Vorfälle und tritt in den Ausstand. Die Bundesrätin Kopp gibt tags darauf ihren Rücktritt bekannt. Staatsanwalt Hans Hungerbühler wird zum Vertreter des Bundesanwalts ernannt und verdächtigt in seinem Bericht Kopp, Schoop und Schwob der Amtsgeheimnisverletzung, den er am 10. Januar 1989 vorlegt. Zwei Tage später gibt die Bundesrätin Kopp ihren sofortigen Rücktritt bekannt. Am 31. Januar 1989 stimmen National- und Ständerat dem Bundesbeschluss über die PUK zu, welche die Aufgabe hat die "(...) Amtsführung des EJDP und insbesondere derjenigen der Bundesanwaltschaft (...)" sowie das Vorgehen "(...) der Bundesbehörden und Bundesstellen bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und des internationalen Drogenhandels" abzuklären.

 

Funktionsweise der Bupo

Die Bundespolizei ist eine Amtsstelle innerhalb der Bundesanwaltschaft, sie hat den Fahndungs- und Informationsdienst der Eidgenossenschaft zu besorgen. Dieser umfasst die politische Polizei und die gerichtliche Polizei. Bei der politischen Polizei geht es um die Beobachtung und Verhütung von Handlungen, die geeignet sind, die innere und äussere Sicherheit der Schweiz zu gefährden. Die gerichtliche Polizei verfolgt strafbare Handlungen gegen die innere und äussere Sicherheit der Schweiz. Diese Ermittlungen werden vom Bundesanwalt geleitet. Der gesamte Polizeidienst untersteht jedoch dem Chef der Bupo. Im Bereich der politischen Polizei hat dieser eine weitgehend selbstständige Stellung. Er muss dem Bundesanwalt über Feststellungen Bericht erstatten, dieser ist befugt ihm Weisungen zu erteilen.
In der Praxis war Bundesanwalt Rudolf Gerber sehr gut infomiert über die gerichtspolizeilichen Ermittlungen.
Im Bereich der politischen Polizei wurde er durch Frührapporte von seinen beiden Stellvertreter über die wichtigen Geschäfte orientiert, zudem erhielt er den Wochenrapport des Chefs der Bundespolizei und führte mit ihm regelmässige Gespräche. In einzelnen Fällen hat er teilweise selbst Anordnungen getroffen.

 

 

Schlusswort

Das Sammeln von Daten ist immer mit Problemen verbunden.
Welche Daten sollen überhaupt gesammelt werden? Muss alles nur mögliche gesammelt werden, da es bei einer eventuellen späteren kriminellen Tätigkeit der Person von Nutzen sein könnte? Bei einer Einschränkung der Daten, die registriert werden dürfen, stellt sich die brisante Frage: was darf nicht registriert werden?
Falls Daten gesammelt werden, stellt sich die Frage, wie diese vor dem Zugriff von Dritten geschützt werden. Den absoluten Datenschutz gibt es nicht. Es gibt immer undichte Stellen, menschliche oder technische. Zudem ergibt sich daraus das Problem wer denn die gesammelten Daten benützen darf.

Solche Fragen hat sich die Bundespolizei vor der Fichenaffäre nie gestellt. Es wurden alle möglichen Daten gesammelt über Personen, Organisation und Ereignisse, vor allem von solchen, welche links von der Mitte standen (wobei die Mitte im bürgerlichen Lager ist). Über Rechtsradikale gibt es beinahe keine Einträge, obwohl auch diese für den Staat gefährlich werden können. Der Inhalt der gesammelten Daten war zudem oft falsch, da die Quellen nicht nachgeprüft wurden, zum Teil auch sinnlos. Was nützt es dem Staat Schweiz, wenn sie von einer Bürgerin weiss, dass sie "abends gerne ein Bier trinkt".

Die Frage in welchem Umfang die Schweizer Bevölkerung heute bespitzelt wird, bleibt offen.

Nach der eingehenden Beschäftigung mit dem Thema Staatschutz, bin ich bei meiner ursprünglichen Meinung geblieben.

Begriffe

EMD Eidgenössischen Militärdepartement

EJPD Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement

Fichen Akte über eine Person, eine Gruppierung oder ein Ereignis. Die politische Bundespolizei legte 900'000 Fichen. Etwa zwei Drittel der Fichen beziehen sich auf Ausländer, von den übrigen etwa die Hälfte auf Personen, die andere Hälfte auf Organisationen und Ereignisse.

GPK Geschäftprüfungskommission, zur Überprüfung der Arbeiten der Verwaltungen werden Geschäftprüfungskommissionen eingesetzt.

PUK Parlamentarische Untersuchungskommission, dient der Untersuchung und Überprüfung von speziellen Ereignissen.

 

Bibliographie

Komitee Schluss mit dem Schnüffelstaat Schweiz

Schnüffelstaat Hundert Jahre sind genug

Limmat Verlag Genossenschaft Zürich, 1990

 

Heinz Looser, Christian Kolbe, Die Schweiz und ihre Skandale

Roland Schaller, Sandra Brutschin,

Gregor Sonderegger,

Christian Dütschler, Simona Gambini

Limmat Verlag Genossenschaft Zürich, 1995

 

Urs Paul Engeler Grosser Bruder Schweiz

Weltwoche-ABC-Verlag Zürich, 1990

 

Catherine Duttweiler Kopp & Kopp

Aufstieg und Fall

der ersten Bundesrätin

Weltwoche-ABC-Verlag Zürich, 1990

 

Moritz Leuenberger Bericht

(Präsident) der Parlamentarischen

Untersuchungskommission

vom 22. November 1989

89.006

Vorkommnisse im EJPD

 

Carlo Schmid Bericht

(Präsident) der Parlamentarischen
Untersuchungskommission
vom 17. November 1990
90.022
zur besonderen Klärung
von Vorkommnissen
von grosser Tragweite
im Eidgenössischen
Militärdepartement

 

Gesellschaft zur Förderung Initiativen + Referenden

der schweizerischen Wirtschaft

Mainaustrasse 30

8034 Zürich Stand: 10. Juli 1997