Formel: u = - k / my dp/dx
u: Darcy Geschwindigkeit, mit der die Flüssigkeit ströt
k: Permeabilität
dp/dx: Druckgradient
Das Darcy Gesetz gibt an, mit welcher Geschwindigkeit eine Flüssigkeit durch ein poröses Medium fließt, angetrieben durch einen herrschenden Druckgradienten.
Henry Darcy (1803-1858) lebte und arbeitete in einer Zeit und in einem Land, kurz in einer Umgebung, die für die Entwicklung und Geschichte der 'Hydraulik', der 'Hydromechanik' eine besondere Bedeutung hat. Tokati ('A history and philosophy of fluidmechanics', Henley-on-Thames, 1971) behandelt die diesbezügliche Forschung im Frankreich des 18. Jahrhunderts unter der Überschrift 'The birth of experimental fluidmechanics'. An den Anfang setzt er einen Bericht an die französische Akademie der Wissenschaften in Paris aus dem Jahre 1777, der von einer Kommission unter dem Vorsitz von d'Alembert (1717-1783) erstellt wurde und in dem die wechselseitige Bedeutung von Theorie und Experiment hervorgehoben wird. Bezugnehmend auf reine Experimentalarbeit heißt es (ich zitiere die englische Übersetzung): 'It must be understood that scientific knowledge without reasoning - that is, without theory - does not exist'.
Frankreich hat im 19.Jahrhundert - ungeachtet der politischen Wirren der Zeit - eine ungebrochene Reihenfolge an Hydraulik-Ingenieuren hervorgebracht. Kenn ('Advances in hydraulics in fluid mechanics in the 19th century') gibt folgende Liste an: Chézy, Prony, Girard, Navier, Vauthier, Cauchy, Saint-Venant, Darcy, Dupuit, Lechalas, Bresse, Gaukler, Fargue, Bazin, du Boys. Einen wesentlichen Anteil an der Dauerhaftigkeit dieses Phänomens hatte sicherlich die bereits 1747 gegründete École des Ponts et Chausseés.
Das Interesse galt damals besonders den sogenannten Freispiegelgerinnen, insbesondere der Abhängigkeit zwischen Abflußgeschwindigkeiten und Wandrauhigkeiten. Auch Henri Darcy beschäftigte sich mit dieser Frage, insbesondere während seiner Zusammenarbeit mit Weißbach (1806-1871) in Freiberg. Seine Experimente über die Strömung durch Sandsäulen spielen in der damaligen Zeit wohl auch für ihn selber keine bedeutende Rolle. In seinem Werk wirkt es auch etwas unpassend.
Nichtsdestotrotz ist es gerade diese Meßreihe, die ihn heute für einen ganzen Zweig von Wissenschaftlern zum Urvater machen. Das Darcy-Gesetz ist unumstrittenes und unverzichtbares Werkzeug für alle, die sich mit Grundwasser, mit Sickerwasser, mit der Strömung durch poröse Medien beschäftigen und dort zu quantitativen Aussagen gelangen wollen. Auch in der Verfahrenstechnik spielen derartige Strömungen eine große Rolle: Filtration und Chromatographie seinen hier als Beispiele erwähnt.
Formal ist das Darcy-Gesetz identisch mit einigen anderen Grundgesetzen, die bekannter sind, wie das Ohm'sche Gesetz über die elektrische Stromstärke, das Fourier'sche Gesetz über den Wärmefluß oder das Fick'sche Gesetz der Massendiffusion.
Alle erwähnten Gesetze sind linear. Sie beschreiben die Proportionalität einer Flußgröße auf der einen Seite und des örtlichen Gradienten einer anderen Größe auf der anderen Seite. Beim Fourier'schen Gesetz ist es der Wärmefluß, der proportional ist zu der Änderung der Temperatur. Den Proportionalitätsfaktor nennt man thermische Leitfähigkeit und das ist eine Materialkonstante. Analog ist es beim Darcy-Gesetz der Massenfluß, der proportional ist zum Gradienten der Piezometerhöhe; den Faktor nennt man hydraulische Leitfähigkeit, die ihrerseits abhängig ist vom Gesteinskörper. Die Piezometerhöhe steht hier stellvertretend für einen Druck.
Der Fluß von Fluids verläuft natürlich vom Ort mit höherem Druck zu einem anderen mit niedrigerem Druck. Es ist also genauer der negative Gradient und der Massenstrom, die proportional sind. Beim Ohm'schen Gesetz ist es die elektrische Stromstärke, die proportional ist zum negativen Spannungsgradienten. Der Proportionalitätsfaktor ist hier 1/R, der Kehrwert des Widerstands. Beim Fick'schen Gesetz wird ebenso ein Massenstrom behandelt, der allerdings mit einem Konzentrationsgradienten ins Verhältnis gesetzt wird: es ergibt sich dann eine Diffusivität. Diese ist wiederum zu unterscheiden von der thermischen Diffusivität, die sich aus der thermischen Leitfähigkeit ableiten läßt.
Die genannten Gesetze sind vom gleichen Typ. In ihnen kommen stets zwei bekannte Größen vor (im Darcy-Gesetz: Filtergeschwindigkeit und Piezometerhöhe) und eine dritte wird definiert (im Darcy-Gesetz: hydraulische Leitfähigkeit oder Kf-Wert). Die eigentliche Aussage der Gesetze ist die, daß diese einfache lineare Form der Gesetzmäßigkeit besteht und keine kompliziertere - also keine Abhängigkeit vom Quadrat oder der Wurzel der anderen Größe.
Carnahan ('Effects of coupled thermal, hydrological and chemical processes on nuclide transport', Stockholm, 1987) setzt in einer Matrix alle in den vier genannten Gesetzen enthaltenen Größen miteinander in Beziehung und gelangt so zu einer Klassifikation weiterer linearer Gesetzmäßigkeiten. Seine Einteilung ist in folgender Tabelle wiedergegeben:
Flow | ||||
volume | ||||
heat | ||||
mass diffusion | ||||
electrical current |
Tabelle: Klassifikation linearer Gesetzmäßigkeiten (p Druck, T Temperatur, µchem. Potential, ƒelektr. Spannung)
Zurück zu Henri Darcy. In seinem Werk 'Les fontaines publiques de la ville de Dijon, Libraire des corps impériaux des ponts et chaussées et des mines', das 1856 in Paris erschien, beschreibt er die Versuchsreihe, der zu Ehren man heute vom Darcy-Gesetz spricht. Das Original Darcy-Experiment wurde an einer 3,5 m langen Säule mit einem Durchmesser von 35 cm durchgeführt, die von Oben nach unten durchflossen wurde.